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Soldat in der DDR
Vor der NVA gab es die
KVP. Das war
die kasernierte Volkspolizei. Wir schreiben das Jahr 1955, August. Ich
hatte gerade das Abitur in Jena bestanden und durfte nicht das studieren,
was ich gerne wollte. Bevor man nicht den sogen. "Ehrendienst in den bewaffneten
Organen der DDR" abgeleistet hatte, durfte, wer kein besonders gutes Abitur
gebaut hatte, nicht Medizin studieren. So musste ich mich entscheiden. Ich
entschied mich dafür, mein Hobby, die Fliegerei, zu meinem Beruf zu
machen.
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In KVP Uniform 1955 |
Der
einzige Ort dafür war die damalige KVP, die noch nicht
Armee genannt werden konnte, weil die Alliierten noch etwas
dagegen hatten. Kamenz in der Lausitz wurde mein
Standort für die soldatische Grundausbildung und die
Ausbildung zum Flugzeugtechniker (Ingenieur). Bürgermeister dieses
Kleinstädtchens ist bis kürzlich übrigens mein
Segelfliegerkamerad, den ich bereits seit Besuch der
Segelflugschule in Ballenstedt kenne, Arnold Bock gewesen.
(Nachtrag:
Seit letztem Jahr hat Arnold nach 40-monatiger Amtszeit den Posten an
Jüngere abgegeben).
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Unsere Soldaten-Band spielte auch gelegentlich im Offizierskasino. Da
musste man sich immer schön an Titel halten, die in der DDR komponiert
waren. Dann kam von uns aber auch gelegentlich (je nach Stimmungslage im
Publikum) die Ansage: "wir spielen jetzt eine Parodie auf die
amerikanische Unkultur, den Rock'n Roll". Die meisten der Offiziere
und Hauptfeldwebel wollten an der Parodie Anteil haben und rockten
kräftig, wenn auch etwas unbeholfen ab. So konnte uns niemand etwas
anhaben.
Es ging seicht und
fast unpolitisch zu. Die kommunistische Ideologie hatte sich
Ende der 50iger noch nicht durchgesetzt. Die Politoffiziere rangen noch
um entsprechenden Einfluss.
Gelebte Zeitgeschichte:
Ob später Pilot oder Techniker, alle neu
gezogenen Rekruten mussten zunächst durch die militärische
Grundausbildung. Sie dauerte 6 Wochen und bestand aus Marschieren, Robben,
Schießen, Nachtmarsch,
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Singen, Stubenreinigen, Päckchen bauen,
Dienstvorschriften auswendig lernen. Im Politunterricht hörten wir über
Freund und Feind. Dann konnten sich alle fliegerisch
Ambitionierten einer flugmedizinischen Kommission stellen. Ich schaffte
diese Hürde nicht. Visus und Bindegewebsschwäche waren ausschlaggebend
für ein Njet.
Also musste ich mich für die Technik entscheiden. Aus einem Haufen junger
Burschen in Zugstärke, wurde auf der Fliegertechnischen Schule Kamenz
eine Klasse künftiger Techniker, die auch gleichzeitig Offiziere der
Luftstreitkräfte der DDR werden würden. Die Zeit auf der Schule war kulturell und
intellektuell nicht gerade erbaulich. Militärischer Drill,
intensive theoretische und praktische Ausbildung lösten sich ab. Der
Rest war Vereinssport und verordnete Unterhaltung. Im Kino wurden sogar
Westschnulzen mit Peter Alexander und Katarina Valente gezeigt.
ein Held der Nazizeit, der viel zur Erbauung der
Frontsoldaten beigetragen hatte, durfte auftreten.
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Dennoch war durch die Vermittlung
fliegertechnischen Wissens und handwerklichen Könnens mein Leben auch
positiv beeinflusst. Sportlich war auch etwas drin. Aufgrund meiner
Allroundveranlagung hatte ich immer wieder Gelegenheit mich in Wettkämpfen
zu testen und auszuzeichnen. Das sollte dann doch einer meiner Hauptpfeiler werden, auf
dem sich etwas aufbauen ließ.
Noch eine Anekdote:
Mein Sohn erzählte mir
folgende Story. Als er sich in Halle/Saale in der Berufsausbildung in
einer Internatsschule befand, in der angehende Klempner und Installateure
lernten, trug sich folgende Szene zu: Lehrer Dr. Scheibe ging durch die
Klasse auf einen Schüler zu, der eine Art Bomberjacke trug, mit einem
Button der amerikanischen Flagge auf dem Ärmel. "So, Du
solidarisierst Dich also mit den amerikanischen Kriegstreibern!?"
"Nein Herr Dr. Scheibe, ich solidarisiere mich mit der unterdrückten
und ausgebeuteten amerikanischen Arbeiterklasse!" Die Klasse soll
flach gelegen haben.
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Offiziersschüler und
Technikeranwärter in Kamenz um 1956 |
Unterleutnant und Flugzeugtechniker 1960
Als junger Sportoffizier in
Kamenz und Cottbus.
Als junger Mensch war
man schon von der Technik fasziniert. Wer einmal eine MiG
angelassen und "abgebremst" hat (darunter versteht man das
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Hochfahren der
Turbine auf Volllast), wird das Gefühl nicht mehr vergessen. Die
Aufgaben und Tätigkeiten eines Flugzeugtechnikers im Flugbetrieb
lernten wir in einem mehrwöchigen Praktikum im aktiven Jagdgeschwader (JG
1) kennen, wozu ich vorübergehend nach Cottbus beordert wurde. Danach
wurde das Examen abgelegt, das uns in den Status eines
Flugzeugtechnikers und vom Offiziersschüler zum Unterleutnant befördern
sollte. Ich fiel zunächst erst einmal durch, weil ich bei der Simulierung
einer Vorflugkontrolle gepatzt hatte und musste in einem halben
Jahr noch einmal in diesem Fach antreten. Während dieses halben Jahres
wurde ich als Sportlehrerhelfer in der Offiziersschule eingesetzt. Da scheine ich mich bewährt
zu haben, denn man traute mir zu, einen ordentlichen Sportoffizier
abzugeben. Nachdem ich im März 1959 Zum Unterleutnant und Flugzeugtechniker befördert worden war, führte mich mein Weg nicht an
die Technik, sondern zum Sport. Ich wurde Sportoffizier an der Schule in
Kamenz und ein Jahr später im Jagdgeschwader 1 (JG1) in Cottbus. Im gleichen
Jahr begannen alle Sportoffiziere der Luftstreitkräfte auf
Ministerbefehl das Fernstudium an der DHfK Leipzig. Immerhin war damit
auch etwas Ziviltaugliches für mich auf den Weg gebracht. Über diesen Weg wurde ich
später schließlich Sportlehrer auch im zivilen Bereich. |
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