1952 begann man in der DDR wieder zu fliegen. Von
Anfang an bestand das Ziel darin, Kader für den militärischen
Einsatz über den Segelflug heraus zu filtern. Zunächst gab es zwei
Flieger-Klubs in Kamenz, ehe man den vom Hutberg mit dem des ASK
Vorwärts auf dem Flugplatz von Kamenz zusammenlegte. 1955 fand ich
eine arbeitsfähige Flugsportgruppe vor, die mit SG 38, mehreren
Grunau Baby's IIb, Pionyr, Mucha 100 und später mit Olympia Meise
schulte bzw. flog. Zu meiner Freude traf ich Arnold Bock hier wieder
(der übrigens nach der Wende für ein paar Jahre Bürgermeister von
Kamenz war), dem ich bereits auf der Segelflugschule Ballenstedt
begegnet war. Ich erinnere mich an Horst Kny, meinem damaligen
Fluglehrer, Offiziersschüler wie ich, dem ich fliegerisch viel
verdanke, dem ich aber auch 1959 meine Segelflugerlaubnis vor die Füße
warf, als er mich wegen einer Kleinigkeit abkanzelte. Ich hatte dem
Baby im Gegenanflug ein wenig mehr Fahrt gegeben und dann in der
Kurve zum Queranflug wieder hochgezogen, nur so zum Spaß. Das
wollte Genosse Kny nicht.
Seilrückholwinde
Wir starteten am Seil und holten es mit einer
leichten Motorwinde wieder zurück. Gelegentlich wurden wir
auch hinter einer Zlin 226 Trener gezogen.
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Neben der Segelflugerlaubnis Kl. 1 und später, während
eines Lehrgangs in Laucha/Unstr. erworbenen Erlaubnis
Klasse II, also die Erlaubnis doppelsitzig zu fliegen, erwarb ich in Halle/Saale auch die
Windenschleppberechtigung. Flugbetrieb fand in Kamenz an den
Wochenenden statt. Wir mussten dazu die im Kasernengelände
abgestellten Flugzeuge über die Straße etwa 500 Meter bis
zum Flugplatz auf dem Kullerchen transportieren. In der
Kaserne befand sich auch die Werkstatt, wo man auch bei
einem Werkstattleiter die Baustufenprüfungen A, B, C
erwerben konnte. |
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Ich habe dann später in Cottbus dennoch wieder ein paar Starts gemacht. Aber ein richtiger Neubeginn wurde es nicht. 1960 wurde mein Sohn in Cottbus geboren. Wir hatten eine Familie gegründet, die die wenige Freizeit voll in Anspruch nahm. An meinem späteren Wohnort in Eisenach war Segelflug abgeschafft, wegen der Nähe zur Grenze.
Seilspleißen ist
angesagt. Das lernten wir auch in der
fliegertechnischen Ausbildung
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Offzsch.
Burmeister (re.) vor dem Ausgang
Praktikum als
angehender Flugzeugtechniker im JG 1 Cottbus:
>>> |
Das von der Fliegertechnischen Schule Kamenz im letzten Ausbildungsjahr zum Flugzeugtechniker und zur Ernennung zum Offizier eingerichtete Praktikum in einer "fliegenden Einheit" hatte es in sich.
Nicht allein, dass man die Tragweite eigenen Handelns hautnah erleben konnte,
es wurde auch erfahrbar, dass es nicht mehr um Spielerei ging und dass Technikverliebtheit keinen Platz mehr hatte. Flugdienst bei Tag und bei Nacht. Miterleben, wie das Zusammenspiel zwischen Bodenpersonal und Piloten funktionierte. Mit allen Sinnen konnte man spüren, dass man sich an einem Ort befand, wo es ernst war, wo der ganze Kerl gefordert wurde. Ich hatte zwei Flugzeuge (eine Kette) in meiner Zuständigkeit, natürlich supervisioniert vom Staffelingenieur, eine MiG 15 UTI (Schulungsdoppelsitzer) und eine MIG 17F. Wir schrieben das Jahr 1958. Die fliegerische Ausbildung wurde damals noch von sowjetischen Instrukteuren durchgeführt. Es waren dies nicht mehr ganz junge, hohe (ausgemusterte?) Offiziere und Generäle, am Ende ihrer Armeekarriere. So mancher General, den ich im Cockpit anschnallte, hatte eine Wodkafahne. Sie haben sich einem anstandslos anvertraut und unterstellt, dass man seinen Job gut machen würde. Das machte einen schon stolz. Nachflugkontrollen, Vorflugkontrollen, Mängelbeseitigung, Reifenwechsel, Betanken, Befüllen, Auffüllen. Eintragungen in die Bordbücher waren dabei ganz wichtige Arbeiten. |
Jetpilot konnte ich nicht werden. Segelfliegen wurde an den Wochenenden zum Ausgleich für den Militärtrott im
Alltag möglich und genutzt. |
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Man sieht mich vor einer
Olympia Meise posieren, die es in Kamenz etwa seit 1957
wieder gab. |
Am letzten Tag meines Praktikums, es war ein lauer Spätsommerabend.
Ich hatte meinen Dienst bereits beendet, als noch dieser Unfall mit "meiner"
UTI passierte :
Zitat:
Am 10. September 1958;
erfolgt geg. 20.15 Uhr eine "Kurzlandung" der 16, einer MiG-15 UTI (Werksnummer 622975, Indienststellung am 01.12.1956 im FG-1, (nach diesem BV als Ersatzteilspender an der Fliegertechnischen Schule), mit anschließenden Sprung. Das Flugzeug geriet durch die Beschädigungen in Brand. Beide Piloten blieben unverletzt. Zitat Ende. Siehe Verluste JG-1 !.
Meine letzten Eintragungen in das Bordbuch waren vollständig und hielten einer späteren Überprüfung Stand.
Die hier bei "Veith" gemachten Angaben kann ich bestätigen. Ich war noch vor Ort und habe die Aktivitäten der Bergung aus nächster Nähe miterlebt.
Dieses Foto
machte ich am nächsten Morgen aus dem Fenster meiner Wohnung
im Ledigenheim. Man sieht hier das Heckteil einer MIG 17 PF. Das Cockpit war mit dem Piloten auf die Straße gefallen. |
Seit dem Frühjahr 1960 stand ich im Dienst eben dieses JG1 als Sportoffizier. Als Angehöriger des Stabes war man dem Kommandeur, dem Stabchef (damals Major H.) dem Divisionssportoffizier (damals Major Ehrhard H.) unterstellt. Zu meinen Aufgaben gehörte das physische Training der Piloten durchzuführen,
sowie den Dienstsport für Mannschaften und Offiziere zu organisieren. Auch die Vorbereitung auf sportliche Wettkämpfe gehörte
dazu. Dieses Foto machte ich am nächsten Morgen aus dem
Fenster meiner Wohnung im Ledigenheim. |
Aus eigenem Erleben noch diese
beiden Vorfälle:
Zitat:
"Am 03. September 1960 stürzt die 425, eine MiG-17F
(Werksnummer 1C07-04, Nutzungsbeginn 1957) ab, der Pilot,
Unterleutnant Johannes Misselwitz, verstirbt. Er führte seinen 1.
Alleinflug, nachts unter einfachen Wetterbedingungen an der
Platzrunde auf der MiG-17F durch. Da bricht Feuer im Heckbereich aus
und er meldetet das auch. Kurz vor der 3. Kurve war der Brand vom
Boden aus zu sehen. Auf dem Gleitweg mit Landekurs (etwa 3 km vor
dem Landepunkt) erteilte der Flugleiter den Befehl: Triebwerk
abstellen! Dem kam Ultn. Misselwitz sofort nach, verlor jedoch
rapide Höhe und Geschwindigkeit. Die Maschine schlug geg. 00.24 Uhr
auf das Dach eines Hauses in der Sielower Landstrasse (Cottbus) auf.
In den Nachtstunden hatte man versucht die Folgen der Dachlandung zu minimieren.
Zitat:
"Am 19. Juli 1960
stürzt die 418, eine MiG-17PF (Werksnummer 1C03-17,
Indienststellung am 05.05.1959 im FG-1), im Verlaufe des
Flugdienstes geg. 11.59 Uhr in ein Haus. Der Pilot, Oberleutnant
Egon Neudeck, katapultiert sich vergeblich noch aus einer Schräglage
und 100 m Höhe. Er und ein 12-jähriges Mädchen kommen ums
Leben." Zitat Ende
Ich hatte an diesem Tag die Funktion des OvF am Platze. Mir fiel
auch die Aufgabe zu, mit einem Suchtrupp den Aufschlagort der
Maschine zu finden und den Piloten zu bergen. Ich fand ihn tot, noch
angeschnallt am Schleudersitz auf dem Dachboden eines Hauses , dicht neben einem Kindergarten.
Ich
bin an diesem Arbeitsplatz im JG 1 in erster Linie Personen
begegnet, die aus meiner Sicht menschlich in Ordnung waren.
Hervorheben möchte ich hier Ehrhard H., meinen
Divisionssportoffizier und Siegfried L., unseren ABC-Offizier,
(Letzterer, der so viel Ähnlichkeit damals mit Nationaltorwart Jens
L. heute hat). In negativer Erinnerung habe ich meinen damaligen
Stabchef Major H. (Name bekannt) Karriereoffizier, vom
Minderwertigkeitskomplex wegen seiner Schmächtigkeit dominiert, der
alle seine Untergebenen bei jeder Gelegenheit spüren lassen musste,
wie toll er sei.
In der Zeit nach der Wende sah mich Cottbus in zweierlei Hinsicht
wieder. 1993 führte ich dort eine auf die Arbeit mit Behinderten
bezogene Kursreihe bei Fachkräften dieses Bereiches durch und
durchlebte noch einmal nebenbei die früheren Zeiten, die guten und
die schlechten. Hier wurde mein Sohn Nils 1960 geboren. 1995 setzte
ich die Super Dimona (das ist ein Motorsegler HK 36) meines Vereins
auf die Piste, auf der früher die MiGs auch mit meiner Hilfe
gestartet und gelandet waren. Im Tower saßen jetzt andere
Uniformierte. Sie managten eine Hubschraubereinheit. Ein paar alte
MiGs standen noch am Platzrand. Sonst nichts, was mich an alte
Zeiten erinnerte. Ein leichter Triumph stellte sich vielleicht ein,
dass das Leben mir noch einmal die Chance einer Revanche gegeben
hatte. Ich durfte nämlich dort wieder souverän auftreten, wo man
mir früher Berufsverbot erteilt hatte und wo ich verstoßen war.
Anekdote:
Es war etwa in der Zeit Anfang der 70iger. Ich lebte bereits im Westen und war zu einem Sommerurlaub mit meiner Familie nach Ungarn an den Plattensee gekommen, um mich dort mit meinem Freund aus der DDR zu treffen
(Balatonfüred ?). Als ich eines Tages über den Campingplatz schlenderte, hörte ich eine mir vertraute Stimme im lautstarken Austausch mit anderen mir ebenfalls stimmlich bekannten Personen. Ich wurde neugierig und beschloss mir das aus der Nähe anzusehen. Ich traute meinen Augen nicht. War da doch tatsächlich die
gesamte Sportlehrergruppe der Offiziersschule Kamenz beim Zelten. Da wundert man sich doch, dass den Genossen nichts Besseres eingefallen ist, als sogar im Urlaub im Ausland
mit Kind und Kegel beieinander zu hocken. Eine psychologische Interpretation verkneife ich mir hier. Was sollte ich tun? Sollte ich mich zu erkennen geben, oder lieber inkognito bleiben? Was wäre wenn? Ich beschloss unerkannt zu bleiben. Ich hätte ihnen vielleicht nur Schwierigkeiten gebracht. Vielleicht liest diese Story ja einer von ihnen und kann mal ein paar Worte dazu schreiben. |