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M-History
Marinellis

 

Die Marinelli - History

Unsere Freundschaft währt inzwischen über 50 Jahre. Es gab Verbindendes und Trennendes. Hier versuche ich dem Werdegang etwas sprunghaft nach zu spüren. 

Verbunden waren die Marinellis natürlich zunächst durch das gemeinsame Erlebnis des Studiums (1960-65). Es kam hinzu, dass wir in der gleichen Gegend rund um Eisenach wohnten und hier auch unsere Arbeitsstellen als Sportlehrer hatten. Zu Prüfungsvorbereitungen in Theorie und Praxis trafen wir uns um uns gemeinsam auf den notwendigen Stand zu bringen. Das hat sich am Ende ausgezahlt. Wir machten das Examen mit einem guten Notenschnitt.

Vico und ich haben dann später noch gemeinsam die Schwimmmeisterausbildung in Mühlhausen absolviert und Jim avancierte in seinem Betrieb eine Zeit lang zum Kulturfunktionär. Jim war mit dabei, als ich erstmals mit meiner Ausbildungsgruppe von Weimar aus zum Skilager ins Erzgebirge fuhr. Er und ich gestalteten diese Zeit gemeinsam inhaltlich aus. Ich erinnere mich, dass auch ein Brecht-Abend Bestandteil war. Und wir waren nicht schlecht. Es waren die Grundlagen dafür gelegt, aus der Ausbildungszeit eine auch emotional  sehr befriedigende Episode werden zu lassen. Meine Inhaftierung und Übersiedlung in den Westen brachte dann die große Wende unserer Beziehung. Zwei Jahre mussten vergehen, ehe wir uns in Ostberlin wieder treffen konnten. Allerseits bestand Unsicherheit darüber, wie wohl unsere Freundschaft diesen Knick überstehen würde. Das war schnell klar. Wir blieben weiterhin die Marinellis.

Noch zu DDR-Zeiten war es nicht möglich Jim und Vico an ihren Wohnorten spontan zu besuchen. Irgendwer Berechtigter aus der Sippe musste dazu eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen. Selbst Jim kam nur über Beziehungen ins "Sperrgebiet", wo Vico zuhause war. Intensive Begegnungen konnten deshalb nur im Ausland stattfinden. Mir war das stets so wichtig, dass ich anderen Auslandsverlockungen leicht widerstand. Unsere Familien hatten wir meist dabei und erfuhren auf diese Weise auch wie unterschiedlich oder ähnlich damit um gegangen wurde. 

Anekdote:

Hartmut und ich campierten wiederholt am Balaton. Gerne warfen wir dort unsere Angeln aus. Dazu fuhren wir ein paar Kilometer abseits  des Campingareals ans Schilfufer. Auf einem schmalen Bootssteg richteten wir uns ein. Dann kam ein Ruderboot mit einem Mann an Bord daher und deutete uns, dass wir zu verschwinden hätten. Wir taten nicht dergleichen, denn es war nicht erkennbar, dass das ein Privatplatz sei. Wir beschlossen zu bleiben. Dann wurde das Gezeter auf ungarisch immer lauter und drängender und es mischten sich Vokabeln wie Nazischweine und scheiß Deutsche mit bei. Das brachte auch uns langsam auf die Palme. Als der Ungar dann auch noch anfing nach uns mit seinen Rudern zu schlagen, war für Vico das Maß voll. Mit einem Hechtsprung katapultierte er den Ungar über Bord und tauchte ihn mehrmals unter. Der japste nach Luft und hatte seine Haltung erst wieder, als wir längst mit unserem Auto auf und davon waren.

An den Masuren wurden wir bestohlen, als wir mit unseren Familien in der Stadt waren. Am Goldstrand bei Varna verlor ich alle meine ADAC-Gutscheine, die mir den finanziellen Aufenthalt finanzieren sollten. In Warschau musste ich mit aufwendiger Prozedur mein Visum verlängern lassen. Das allein nahm einen ganzen Tag in Anspruch. In der CSSR wurde ich wiederholt von der Polizei um Westgeld gebracht, weil ich angeblich zu schnell gefahren wäre. Du fährst in der Kolonne auch mit Einheimischen, die alle ein wenig schneller fahren als erlaubt. Nur Dich holen sie raus, weil sie an Dein Geld wollen. 

Campingidylle am Balaton Familien Wolf / Burmeister ca. 1973

Jim in der Rolle eines Quizmeisters in seinem Betrieb

Trotz der Gemeinsamkeiten, die in erster Linie durch den emotionalen Gehalt verbindend wirkten, gab es auch individuelle Felder, zu denen der Andere keinen Zugang hatte. Das eigene Privatleben, war für die Anderen tabu. Niemand mischte sich beim Anderen ein. Es hatte ja auch jeder sein Päckchen zu tragen und es ging nicht um Leben oder Tod.

Uns trennten dann natürlich auch politische Standpunkte. Das ist verständlich, weil Vico und Jim die andere Seite nicht, oder nur aus dem Fernsehen verzerrt kannten. Es zeigte Wirkung, dass die DDR-Sportler in vielen Disziplinen besser waren als ihre westdeutschen Kollegen. Nachteiliges im Staate wurde auf die Embargostrategien des Westens zurück geführt. Die Mauer musste sein, weil in der DDR kostenlos erworbenes Know How im Westen zu Geld gemacht würde, argumentierte der Osten. Bald ließen wir solche Themen aus.

Trennendes gab es auch durch die Unterschiede bei den Arbeitsschwerpunkten. In der DDR lag der Akzent im Sport bei der Leistungsorientierung, was schnell dazu führte, dass die weniger Leistungsfähigen vernachlässigt und benachteiligt wurden. Im Westen war Sport offiziell in erster Linie ein Weg zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, bei der Motivation, Anstrengungsbereitschaft, Wollen Vorrang vor Können hatte.

Nach der Wende zeigten sich Differenzen und Trennendes vor allem bei den Unterschieden in der Lebensplanung und -gestaltung. Bei mir rückte wissenschaftliche Arbeit und die Segelfliegerei an die erste Stelle und bei Jim wurde das Ausleben des Fernwehs erstrangig. Die ersten Jahre, noch während seiner Unterrichtstätigkeit war spürbar, dass für Jim Reisen Priorität hatte. Er betätigte sich auch als Reiseleiter und veranstaltete Lichtbildervorträge über bereiste Länder an der Volkshochschule. Vico und seine H. setzten alles daran, das von H. geerbte Anwesen nach ihren Vorstellungen aus zu gestalten. Uns Dreien war eigen, dass es uns immer wieder antrieb, nach starken Erlebnissen zu suchen.

Ende der 80iger Jahre kam bei mir durch Zufall der Computer ins Spiel. Bei Jim ließ dieser Kick noch lange auf sich warten, bei Vico zeigte sich totale Ignoranz. Das wurde  im Verlaufe der Zeit ein Handycap. Die Kommunikation litt darunter. Das steigerte sich noch, als Vico in Ungarn ein Ferienhaus erwarb und ausbaute und so monatelang im Jahr für uns nicht erreichbar wurde. Wäre nicht gelegentlich ein Besuch meines Sohnes in Weimar angesagt gewesen, bei dem meine Fahrtroute leicht über Treffurt geführt werden konnte, sähe die Besuchsbilanz noch schlechter aus. Kompensiert wurde dieser Zustand dann doch noch durch die gelegentlichen Männertreffs im Riesengebirge zum Skilaufen. 

Für Jim begann dann die Wohnmobilphase. Es war interessant zu beobachten, wie er dazu kam und wie es sich weiter entwickelte. Heute fährt er ein kleines Eigenheim durch die Welt. Er kann ein Lied davon singen, wie Gewährleistung und Mängelbeseitigung in der Praxis aussehen. Heute hat man den Eindruck, es dreht sich bei ihm alles nur um diesen Karren und um die Unternehmungen damit im Verein mit seiner ähnlich gelagerten Sippe.

15.01.2010  Wo stehen wir heute?

Wir erleiden alle keine Not. Wir haben auch als Rentner unser Auskommen und eine schöne Bleibe. Noch sind wir relativ gesund. Verschleißteile mussten allerdings bereits allerseits ersetzt werden. Ich werde, so der Zustand anhält, die Fliegerei und das Leben im Wohnwagen noch eine Weile genießen. Jim, der sich gegenwärtig in Nordafrika herum treibt, wird wohl das WoMo-Leben auskosten, so lange es geht und Vico hat, wie ich es sehe, so lange es noch Spaß macht, sein Ungarn im Visier. Zwischen Jim und mir gehen auch bei Aufenthalten im Ausland Mails hin uns her, moderne Technik macht es möglich.

Fest steht, das Bestehen unserer Freundschaft hat mein Leben bereichert und in Teilen auch beeinflusst. Wir kommen jetzt in die kritischen Jahre, wo jeder Tag Änderungen bringen kann. Ich wünsche mir, dass wir Drei uns noch lange erhalten bleiben. Ich werde bemüht sein, meinen Beitrag dazu zu leisten.

Wir schreiben inzwischen das Jahr 2017. Wir sind zumindest noch so gesund, uns gegenseitig zu besuchen und um Anteil am Leben und den Problemen des Anderen nehmen zu können. Für den schnellen Austausch sorgt daneben das Internet.

 

 

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