Besucherzaehler

Home Inhalt Jonny Kiphard Suchen Gästebuch Impressum Mailer Laienkünstler Mauerbau61 Friedrich Monografien

Nach oben
KewAKM

Cremematsch Plön Mutter-Kind-Kur 1993

Als Fortbildner unterwegs in D, CH, A, und DK

Bereits als Mitglied im Dozententeam der AKM (Akademie für Motopädagogik und Mototherapie) hatte ich Anteil an der Verbreitung psychomotorischer Theorie und Praxis. Als sich die Grenzen öffneten, bestand in den neuen Ländern großer Informationsbedarf.

Mit dem Weggang stellt sich die Frage nach dem "Was kommt dann"? Ich hatte noch keinen neuen Job, hatte ein Haus abzuzahlen und Kinder, die noch nicht mit der Schule bzw. Ausbildung fertig waren. Mir blieb ein Vierteljahr, das Problem zu lösen. Bis dahin war ich finanziell noch abgesichert. Ab 1990 trat ich dann meine freiberufliche Phase an. Als inzwischen erfahrener Fachmann mit Kompetenz in der Erwachsenenbildung traute ich mir zu, mit diesem Rüstzeug einen eigenen Weg zu gehen. Zunächst verstärkte ich die Arbeit im Lehrteam der AKM und begann gleichzeitig damit mir eigene Kurse in einem eigenen Institut (KEW, Kontaktstelle für Entwicklungstherapeutische Fortbildung) aufzubauen. Dem folgte dann die Gründung des ZEF (Zentrum für Entwicklungstherapeutische Fortbildung) in Winterthur (Schweiz) zusammen mit Daniel Jucker-Keller. Die Fortbildungsinhalte, die mit einem Zertifikat abschließen sollten, waren in beiden Instituten identisch und kompatibel. In dem Zusammenhang wurde wichtig, dass eben gerade die innerdeutsche Grenze auf gegangen war. 

Kurse in HoyWoi 1990/91

In diesen denkwürdigen Tagen tauchte eine Verwandte aus Hoyerswerda bei meiner Schwester (Ärztin) auf, die von ihrem entwicklungsauffälligen Kind erzählte. Ich habe dann in die Wege geleitet, dass S. mit diesem bei einem Kinderarzt (Dr. R. G.), der damals noch bei Dr. Flehmig arbeitete, vorstellig wurde. Der daraufhin gefertigte Arztbrief wurde in Hoyerswerda an alle Fachkräfte weitergegeben, die bislang das Kind begleitet hatten. Der Arztbrief war ausführlich, aber voller für die ostdeutschen Fachleute fremder Termini. Ich wurde eingeladen, die im Arztbrief gemachten Angaben näher zu erklären. Dazu kam es dann im Verlaufe der nächsten Wochen. 

TeilnehmerInnen der ersten Kurse in Hoyerswerda 1990/91 

Wir lagen ihnen zu Füßen!

Ich traf ein aufgeschlossenes Fachpublikum an, das bereit war, auf meine Interpretationen einzugehen. Am Ende stand der Wunsch nach Fortbildung, die wir dann auch ab Herbst 1990 in Hoyerswerda anlaufen ließen. In 3 Jahren haben wir ca. 100 Erzieher(innen), PhysiotherapeutInnen, Rehapädagog(innen), Kinderpflegerinnen, PsychologInnen, LehrerInnen zu einem Zertifikat in ganzheitlicher Förderung nach einem sensorisch-integrativen und psychomotorischen Ansatz verholfen. Es folgten weitere Veranstaltungen an anderen Orten in den neuen Bundesländern. Ich habe dann einige Jahre im Soziapädagogischen Fortbildungswerk Brandenburgs mitgearbeitet, war beteiligt an der Entwicklung des neuen Kita-Gesetzes. Meine Kurse waren als "Anpassungsfortbildung" für ostdeutsche Erzieher(innen) durch das Kultusministerium in Brandenburg anerkannt. Die Nachfrage nach Fortbildung war in den ersten Jahren groß, bis den Familien der Fortbildungswilligen allmählich das Geld ausging. Inzwischen waren dem Westen vergleichbare Strukturen entstanden, Einrichtungen aufgelöst, umgemodelt, Personal entlassen und die Zuversicht nach und nach der allgemeinen Unsicherheit geopfert, was denn die Zukunft wohl bringen werde. 

Wir haben in den Kursen sehr viel Zeit und Kraft aufwenden müssen, die TeilnehmerInnen zu ermutigen, an eine Zukunft zu glauben, die auch für sie wieder normale Verhältnisse bringen werde.

Es zeigte sich hier deutlich, dass die fachliche Isolation der DDR und einseitige Ausrichtung auf die Forschung im Ostblock zu einer eigenen und andersartigen Bewertung und Interpretation ein- und desselben Erscheinungsbildes geführt hatten. Man kam von allein darauf, dass hier ein informativer Nachholbedarf besteht. Unsere Fortbildungsveranstaltungen zeigten in den Diskussionen deutlich die unterschiedlichen grundlegenden Menschenbilder. Nach unserem (damit meine ich eine gewisse wissenschaftliche Strömung in Westdeutschland, die unter Neuropädiatern, Entwicklungspsychologen, Therapeuten verbreitet war) Verständnis ist der Mensch von Anfang an, also bereits in utero, in jedem Stadium seiner Entwicklung ein fertiges Wesen, das für das Hier und Jetzt und seine Entwicklung voll kompetent ist. Ihm muss nichts beigebracht werden. Die Zukunft entsteht in der Gegenwart. Deshalb sind wir Therapeuten auch nicht die Macher, sondern Begleiter der Entwicklung. So eine Aussage hat Konsequenzen, besonders für meine therapeutische Haltung und Bedeutung im Prozess. 

Die andere Vorstellung, wonach der Mensch zunächst ein Mangelwesen ist, dem alle Fähigkeiten und Fertigkeiten erst vermittelt werden müssen, ist sehr verwand mit den Ableitungen von der Pawlowschen Theorie der höheren Nerventätigkeit, sprich Theorie der bedingten und unbedingten Reflexe, die im Westen auch ihren Niederschlag in den Lerntheorien, z.B. nach Skinner gefunden hatte. Eine solche Deutung musste zwangsläufig andere Konsequenzen für den Erziehungs- und Therapieansatz haben. Die Haltung und auch Entlastung, die infolge des Paradigmawechsels bei uns sichtbar gemacht werden konnte, wurde als sympathisch aufgenommen und man war gerne bereit uns zu folgen. Was sehr zum gegenseitigen Verständnis und Akzeptanz beitrug war die Tatsache, dass wir die gleichen Kurse auch in Westdeutschland durchführten, sodass die Module in Ost und West kompatibel waren. Alles, was wir im Seminar erarbeiteten haben, wurde in der Praxis mit Behinderten in den dortigen Einrichtungen als Kursbestandteil eingesetzt und so nachvollziehbar gemacht. Auch hatten wir stets reichlich Videomaterial aus unserem eigenen Praxisgeschehen vorrätig. 

Es fanden sich auch immer wieder ein paar westdeutsche Fortbildungswillige ein, die es ebenfalls als Bereicherung ansahen, mit ostdeutschen Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu kommen. Was sich dabei ergab, war ermutigend und bestätigte von Mal zu Mal die Richtigkeit unseres Vorgehens.

Am Knappensee mit Heinz Koldehofe (sitzend)

Selbsterfahrung im Wasser, hier im Knappensee bei "Hoywoi" 1991

Beobachtungen:

Es zeigte sich, dass sich in Ost und West eine völlig unterschiedliche Fortbildungskultur entwickelt hatte. Während die ostdeutschen Teilnehmerinnen vor dem Kurs noch zum Friseur gingen und relativ damenhaft gestylt zur Kursarbeit erschienen, hockten die Wessis in Jogginghosen leger in der Runde und legten in den Pausen schon mal die Füße auf den Tisch. Sie kippelten im Seminar mit dem Stuhl und manche fingen an zu stricken. Man wunderte sich, dass wir Kursleiter das hinnahmen und selbst ein wenig verschlumpert zum Seminar erschienen. Das alles wurde von beiden Seiten wohl registriert und hinter vorgehaltener Hand thematisiert.

Unsere Kursarbeit hatte stets große Praxisanteile, die mit Theorie wechselten. Die Praxis fand in Bewegungsräumen, im Schwimmbad oder draußen in der Natur statt. Das führte dann auch schnell zu der Einsicht, das Styling sich nicht lohnt.

Als Freiberufler hatte man maximale Flexibilität und Selbständigkeit. Das ist gut und wurde von mir genossen. Du hast aber auch die gesamte Last der Verantwortung und stehst plötzlich in Konkurrenz zu anderen Fortbildungsanbietern. Aber nicht nur das. Du musst auch den Schriftverkehr bewältigen, die Werbung im Griff haben, die Buchhaltung durchführen, denn Du bist auch als Freiberufler Steuerzahler und musst einen Jahresausgleich machen. Über die Fortbildung der einzelnen Teilnehmerin ist Nachweis zu führen, denn jede geht den Weg durch die Grund- und Aufbaukurse individuell zu selbstgewählten Zeiten an unterschiedlichen Orten. 

Dann erinnere ich daran, dass neue Postleitzahlen in den neuen Ländern eingeführt wurden, was bedeutete, dass man die Datenbanken neu einrichten musste. Ich war glücklicher Weise bereits Anfang der 90iger Jahre in der Lage den PC mit Office-Aufgaben zu betrauen. 1988 habe ich den ersten PC mit 8086er Prozessor und zwei Floppy - Laufwerken besessen und gelernt damit um zu gehen. Das hat mir während der Selbständigkeit sehr geholfen. Ich musste für die Büroarbeit, bei der mir meine Frau half, keine weitere Person bezahlen.

2001 warf mich eine größere gesundheitliche Krise aus dem Rennen. Sie beendete dann auch meine Berufstätigkeit und ich war wieder voll im Besitz meiner Kräfte, als ich in den Rentnerstatus überging. (:-)) Damit war ich von den Zwängen erlöst, mich weiterhin um das Geschäft kümmern zu müssen. 

 

 

Alle Rechte beim Domaininhaber Hans A. Burmeister    Webgraphik/ -design: HAB    Letztes Update: 14.02.2018