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Cremematsch
Plön Mutter-Kind-Kur 1993
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Als
Fortbildner unterwegs in D, CH, A, und DK
Bereits als Mitglied im
Dozententeam der AKM (Akademie für Motopädagogik und
Mototherapie) hatte ich Anteil an der Verbreitung
psychomotorischer Theorie und Praxis. Als sich die
Grenzen öffneten, bestand in den neuen Ländern großer
Informationsbedarf.
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Mit dem
Weggang stellt sich die Frage nach dem "Was kommt
dann"? Ich hatte noch keinen neuen Job, hatte ein
Haus abzuzahlen und Kinder, die noch nicht mit der
Schule bzw. Ausbildung fertig waren. Mir blieb ein
Vierteljahr, das Problem zu lösen. Bis dahin war ich
finanziell noch abgesichert. Ab 1990 trat ich dann meine
freiberufliche Phase an. Als inzwischen erfahrener
Fachmann mit Kompetenz in der Erwachsenenbildung traute
ich mir zu, mit diesem Rüstzeug einen eigenen Weg zu
gehen. Zunächst verstärkte ich die
Arbeit im Lehrteam der AKM und begann gleichzeitig damit
mir eigene Kurse in einem eigenen Institut (KEW,
Kontaktstelle für Entwicklungstherapeutische
Fortbildung) aufzubauen. Dem folgte dann die Gründung
des ZEF (Zentrum für Entwicklungstherapeutische
Fortbildung) in Winterthur (Schweiz) zusammen mit Daniel
Jucker-Keller. Die Fortbildungsinhalte, die mit einem
Zertifikat abschließen sollten, waren in beiden
Instituten identisch und kompatibel. In dem Zusammenhang wurde
wichtig, dass eben gerade die innerdeutsche Grenze auf
gegangen war.
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In
diesen denkwürdigen Tagen tauchte eine Verwandte aus
Hoyerswerda bei meiner Schwester (Ärztin) auf, die von
ihrem entwicklungsauffälligen Kind erzählte. Ich habe
dann in die Wege geleitet, dass S. mit diesem bei
einem Kinderarzt (Dr. R. G.), der damals noch bei Dr.
Flehmig arbeitete, vorstellig wurde. Der daraufhin
gefertigte Arztbrief wurde in Hoyerswerda an alle Fachkräfte
weitergegeben, die bislang das Kind begleitet hatten.
Der Arztbrief war ausführlich, aber voller für die
ostdeutschen Fachleute fremder Termini. Ich wurde
eingeladen, die im Arztbrief gemachten Angaben näher zu
erklären. Dazu kam es dann im Verlaufe der nächsten
Wochen. |
TeilnehmerInnen
der ersten Kurse in Hoyerswerda 1990/91
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Wir
lagen ihnen zu Füßen!
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Ich
traf ein aufgeschlossenes Fachpublikum an, das bereit
war, auf meine Interpretationen einzugehen. Am Ende
stand der Wunsch nach Fortbildung, die wir dann auch ab
Herbst 1990 in Hoyerswerda anlaufen ließen. In 3 Jahren
haben wir ca. 100 Erzieher(innen), PhysiotherapeutInnen,
Rehapädagog(innen), Kinderpflegerinnen, PsychologInnen,
LehrerInnen zu einem Zertifikat in ganzheitlicher Förderung
nach einem sensorisch-integrativen und psychomotorischen
Ansatz verholfen. Es folgten weitere Veranstaltungen an
anderen Orten in den neuen Bundesländern. Ich habe dann
einige Jahre im Soziapädagogischen Fortbildungswerk
Brandenburgs mitgearbeitet, war beteiligt an der
Entwicklung des neuen Kita-Gesetzes. Meine Kurse waren
als "Anpassungsfortbildung" für ostdeutsche
Erzieher(innen) durch das Kultusministerium in
Brandenburg anerkannt. Die Nachfrage nach Fortbildung
war in den ersten Jahren groß, bis den Familien der
Fortbildungswilligen allmählich das Geld ausging.
Inzwischen waren dem Westen vergleichbare Strukturen
entstanden, Einrichtungen aufgelöst, umgemodelt,
Personal entlassen und die Zuversicht nach und nach der
allgemeinen Unsicherheit geopfert, was denn die Zukunft
wohl bringen werde.
Wir haben
in den Kursen sehr viel Zeit und Kraft aufwenden müssen,
die TeilnehmerInnen zu ermutigen, an eine Zukunft zu
glauben, die auch für sie wieder normale Verhältnisse
bringen werde.
Es zeigte
sich hier deutlich, dass die fachliche Isolation der DDR
und einseitige Ausrichtung auf die Forschung im Ostblock
zu einer eigenen und andersartigen Bewertung und
Interpretation ein- und desselben Erscheinungsbildes geführt
hatten. Man kam von allein darauf, dass hier ein
informativer Nachholbedarf besteht. Unsere
Fortbildungsveranstaltungen zeigten in den Diskussionen
deutlich die unterschiedlichen grundlegenden
Menschenbilder. Nach
unserem (damit meine ich eine gewisse wissenschaftliche
Strömung in Westdeutschland, die unter Neuropädiatern,
Entwicklungspsychologen, Therapeuten verbreitet war)
Verständnis ist der Mensch von Anfang an, also bereits
in utero, in jedem Stadium seiner Entwicklung ein
fertiges Wesen, das für das Hier und Jetzt und seine
Entwicklung voll kompetent ist. Ihm muss nichts
beigebracht werden. Die Zukunft entsteht in der
Gegenwart. Deshalb sind wir Therapeuten auch nicht die
Macher, sondern Begleiter der Entwicklung. So eine
Aussage hat Konsequenzen, besonders für meine
therapeutische Haltung und Bedeutung im Prozess.
Die andere
Vorstellung, wonach der Mensch zunächst ein Mangelwesen
ist, dem alle Fähigkeiten und Fertigkeiten erst
vermittelt werden müssen, ist sehr verwand mit den
Ableitungen von der Pawlowschen Theorie der höheren
Nerventätigkeit, sprich Theorie der bedingten und
unbedingten Reflexe, die im Westen auch ihren
Niederschlag in den Lerntheorien, z.B. nach Skinner
gefunden hatte. Eine solche Deutung musste zwangsläufig
andere Konsequenzen für den Erziehungs- und
Therapieansatz haben. Die Haltung und auch Entlastung,
die infolge des Paradigmawechsels bei uns sichtbar
gemacht werden konnte, wurde als sympathisch aufgenommen
und man war gerne bereit uns zu folgen. Was sehr zum
gegenseitigen Verständnis und Akzeptanz beitrug war die
Tatsache, dass wir die gleichen Kurse auch in
Westdeutschland durchführten, sodass die Module in Ost
und West kompatibel waren. Alles, was wir im Seminar
erarbeiteten haben, wurde in der Praxis mit Behinderten
in den dortigen Einrichtungen als Kursbestandteil
eingesetzt und so nachvollziehbar gemacht. Auch hatten
wir stets reichlich Videomaterial aus unserem eigenen
Praxisgeschehen vorrätig.
Es fanden
sich auch immer wieder ein paar westdeutsche
Fortbildungswillige ein, die es ebenfalls als
Bereicherung ansahen, mit ostdeutschen Kolleginnen und
Kollegen in Kontakt zu kommen. Was sich dabei ergab, war
ermutigend und bestätigte von Mal zu Mal die
Richtigkeit unseres Vorgehens.
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Selbsterfahrung
im Wasser, hier im Knappensee bei "Hoywoi"
1991
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Beobachtungen:
Es
zeigte sich, dass sich in Ost und West eine völlig
unterschiedliche Fortbildungskultur entwickelt hatte. Während
die ostdeutschen Teilnehmerinnen vor dem Kurs noch zum
Friseur gingen und relativ damenhaft gestylt zur
Kursarbeit erschienen, hockten die Wessis in
Jogginghosen leger in der Runde und legten in den Pausen
schon mal die Füße auf den Tisch. Sie kippelten im Seminar
mit dem Stuhl und manche fingen an zu stricken. Man
wunderte sich, dass wir Kursleiter das hinnahmen und
selbst ein wenig verschlumpert zum Seminar erschienen.
Das alles wurde von beiden Seiten wohl registriert und
hinter vorgehaltener Hand thematisiert.
Unsere
Kursarbeit hatte stets große Praxisanteile, die mit
Theorie wechselten. Die Praxis fand in Bewegungsräumen,
im Schwimmbad oder draußen in der Natur statt. Das führte
dann auch schnell zu der Einsicht, das Styling sich
nicht lohnt.
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Als
Freiberufler hatte man maximale Flexibilität und Selbständigkeit.
Das ist gut und wurde von mir genossen. Du hast aber
auch die gesamte Last der Verantwortung und stehst
plötzlich in Konkurrenz zu anderen
Fortbildungsanbietern. Aber nicht nur das. Du musst auch
den Schriftverkehr bewältigen, die Werbung im Griff
haben, die Buchhaltung durchführen, denn Du bist auch
als Freiberufler Steuerzahler und musst einen
Jahresausgleich machen. Über die Fortbildung der
einzelnen Teilnehmerin ist Nachweis zu führen, denn
jede geht den Weg durch die Grund- und Aufbaukurse
individuell zu selbstgewählten Zeiten an
unterschiedlichen Orten.
Dann
erinnere ich daran, dass neue Postleitzahlen in den
neuen Ländern eingeführt wurden, was bedeutete, dass
man die Datenbanken neu einrichten musste. Ich war glücklicher
Weise bereits Anfang der 90iger Jahre in der Lage den PC
mit Office-Aufgaben zu betrauen. 1988 habe ich den
ersten PC mit 8086er Prozessor und zwei Floppy -
Laufwerken besessen und gelernt damit um zu gehen. Das
hat mir während der Selbständigkeit sehr geholfen. Ich
musste für die Büroarbeit, bei der mir meine Frau
half, keine weitere Person bezahlen.
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2001
warf mich eine größere gesundheitliche
Krise aus dem Rennen. Sie beendete dann auch meine
Berufstätigkeit und ich war wieder voll im Besitz
meiner Kräfte, als ich in den Rentnerstatus überging.
(:-)) Damit war ich von den Zwängen erlöst, mich
weiterhin um das Geschäft kümmern zu müssen. |
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